Europa Reiseziele

Schönes Polen: Unvergessliche Schlösser-Tour durch Niederschlesien

Das imposante Schloss Fürstenstein ist das drittgrößte in Polen und das meistbesuchte in Schlesien

Die höchste Schlösserdichte in Europa findet man in Niederschlesien, polnisch Dolny Śląsk, eine der  interessantesten Regionen Polens.

Schlösser-Hopping in Europa? Da denkt nicht jeder an Polen. Aber genau dort befindet sich die schlösserreichste Region. Auf engstem Raum konzentrieren sich Dutzende Paläste des europäischen Hochadels. Und zwar rund um die Stadt Jelenia Góra im Hirschberger Tal – nur etwa drei Autostunden von Berlin entfernt. Hier kann man tagelang Schlösserhopping von einem interessanten Schloss zum nächsten machen. Jedes ist anders und hat seine eigene besondere Geschichte. Aber diese Schlösser darf man auf keinen Fall verpassen:

Schloss Fürstenstein (Zamek Książ): das polnische Neuschwanstein

Schloss Fürstenstein (Zamek Książ), die „Perle Niederschlesiens“ ist das drittgrößte Schloss in Polen und das Meistbesuchte in Schlesien – eine Art polnisches Neuschwanstein. Die imposante Anlage thront auf einem Hügel am Rande von Walbrzych (Waldenburg), ein sehr sehenswertes Örtchen mit einem tollen Porzellanmuseum.

„Schloss Fürstenstein ist eins der schönsten und sehr gut erhaltenen Schlösser in Niederschlesien, das Vorzeigeschloss der gesamten Region, erklärt Guide Arkadiusz Cencora. Eine stimmige Mischung aus Mittelalter, Barock und Neorenaissance. Die Geschichte von Zamek Książ geht bis ins 13. Jahrhundert zurück. Fürstenstein verfügt über 400 Räume und ist von einem fast 300 Hektar großen und terrassenartig angelegten Park umgeben. Etwa 20 Minuten zu Fuß gibt es zwei ausgeschilderte Aussichtspunkte, von denen man das Schloss sehr gut fotografieren kann. Sehenswert ist auch die Palmeria, die etwas abseits liegt.

Einst residierten hier die Fürsten von Hochberg, das reichste deutsche Adelsgeschlecht. Der letzte Schlossherr hatte eine englische Frau, Daisy, eine schillernden Persönlichkeit. Im Rahmen der Besichtigung kann man ihr Apartment sehen. Wenn man Glück hat kann man auch die ehemalige Küche besichtigen, wo die Lagerräume noch mit deutschen Inschriften wie Fisch-, Fleisch- oder Obstraum versehen sind. Auch ein verstecktes Kino kann man hier entdecken.

Goldzug und Tunnellabyrinth

Aber der noch geheimnisvollere Teil liegt unter dem Schloss und ein Stück kann mit einer geführten Tour entdeckt werden. Das Tunnellabyrinth unter Fürstenstein, wurde während des Zweiten Weltkriegs angelegt. Man vermutet, dass dort eine Kommandozentrale der Nazis entstehen sollte – das „Projekt Riese“. Dabei soll es sich um ein riesiges Tunnelsystem in Niederschlesien gehandelt haben. Manche Quellen gehen davon aus, dass dies der Hauptsitz von Adolf Hitler werden sollte. Auf jeden Fall waren dort Zimmer mit direktem Aufzugzugang für ihn geplant.

Dieses unterirdische Stollensystem sorgt auch immer wieder für zahlreiche Mythen – unter anderem wurde hier nach dem verschwundenen Bernsteinzimmer gesucht und nach dem legendären Goldzug. Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges sollen ranghohe NS-Funktionäre von Breslau einen Zug mit rund 300 Tonnen Gold, Kunstwerken und Schmuck Richtung Südwesten auf die Strecke geschickt haben. In der Nähe von Waldenburg – dem heutigen Wałbrzych – sei der Zug in einem unterirdischen Stollen der Gegend versteckt worden, der zum Projekt Riese gehörte. Diese Sage kam erstmals in den 70er Jahren auf. Es gibt bis dato keinerlei bekannte Belege für die Existenz eines solchen Zuges. Trotzdem hält sich der Mythos und ist vor allem ein lukratives Geschäft, denn ein cleverer Geschäftsmann hat sich die Marke schützen lassen und nun gibt es vom Bier bis zur Kleidung alles mit dem sagenumwobenen Goldzug. https://www.ksiaz.walbrzych.pl/de

Wasserschlösschen Fischbach (Zamek Karpniki)

Als wahres Idyll sticht das neogotische Wasserschlösschen Fischbach (Zamek Karpniki) hervor. Die ehemalige Wasserburg liegt malerisch auf einer Insel und ist über eine Brücke zu erreichen. Spätestens seitdem der preußische Prinz Wilhelm von Preußen 1822 das Schloss Fischbach erwarb und zu einer Sommerresidenz umbauen ließ, wurde das Hirschberger Tal zu einem der beliebtesten Orte des preußischen Adels, um im Schatten des Riesengebirges den Sommer fernab der höfischen Etikette zu verbringen. Zum intimen Charakter auf Fischbach trug auch die Gestaltung der Räume bei, deren Höhe geringer war als im Prinzenpalais in Berlin.

Die Geschichte des Schlosses reicht hier ins 14. Jahrhundert zurück und das, was wir heute sehen ist neu – noch 2009 stand hier nur ein verfallenes Gebäude. Nachdem hier private Investoren aktiv waren, sind seit 2014 auch Hotelgäste in den historischen Räumen willkommen. Es gibt ein schönes Restaurant und Heizung und Warmwasser laufen nachhaltig über die hauseigene Thermalquelle, die man auch Outdoor im nostalgischen Badezuber genießen kann. www.zamekkarpniki.pl

Schloss Wernersdorf – heute Hotel früher Prunksitz eines reichen Textilkaufmanns

Schloss Wernersdorf (Pakoszów)

Wer nach Schloss Wernersdorf kommt, mag sich über die riesige Wiesenfläche vor dem Schloss wundern. Dies hängt mit der Nutzung der Schlossanlage zusammen, denn die großen Flächen wurden für die Bleiche von Leinenstoffen gebraucht.

Ein Enkel der letzten deutschen Eigentümerin konnte Schloss Pakoszów 2005 erwerben und machte daraus ein Schlosshotel der gehobenen Klasse, das 2012 eröffnete. Schon in der Geschichte des Schlosses, war die Residenz immer offen für Gäste und ein Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Friedrich II. von Preußen weilte zweimal in Wernersdorf. Und im Jahr 1800 war der spätere sechste Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, John Quincy Adams, hier zu Gast.

Das opulente Deckengemälde im barocken Festsaal wurde von Christoph Wetzel bei der Rekonstruktion behutsam neu interpretiert. Der auf den Barock spezialisierte Maler aus Berlin hatte zuvor schon die Deckengemälde in der Kuppel der wiederaufgebauten Dresdner Frauenkirche oder auf Schloss Hundisburg bei Magdeburg ausgemalt. Einzigartig ist auch das „holländische“ Kachelstübchen in Wernersdorf. Die Mischung aus Rekonstruktion und modernem Ambiente ist auf Schloss Pakoszów perfekt gelungen. www.schlosshotel-wernersdorf.de

Schloss Lommnitz mit Schlossherrin Elisabeth von Küster

Schloss Lomnitz  (Palac Lomnica) und Schloss Schildau (Wojanów)

Von Breslau ins Hirschberger Tal der Schlösser braucht man bloß knapp zwei Stunden und die schönsten Schlösser und Paläste Niederschlesiens sind oft nur zehn Autominuten voneinander entfernt. Manchmal kann man sogar zwischen den Schlössern flanieren – wie zwischen Lomnitz und Schildau. Der preußische König Friedrich Wilhelm III. erwarb Schloss Schildau (Wojanów) 1839 für seine Tochter Luise. Dank eines privaten Investors befindet es sich heute in einem perfekten Zustand. Seit 2007 ist es Hotel und Veranstaltungsort.

Nur wenige Gehminuten vom Schloss Schildau entfernt befindet sich Schloss Lomnitz. Man kann dorthin einen Spaziergang durch den wiederhergestellten schönen Park am Fluss Bober machen. Der Park von Schloss Lomnitz (Pałac Łomnica) liegt auf der gegenüberliegenden Seite und gestalterisch bilden beide eine Einheit.

Dass das Schloss heute wieder in seinem Glanz erstrahlt, liegt vor allem an dem außergewöhnlichen Engagement der Familie von Küster, in deren Besitz das Gut 1835 kam und bis zur Enteignung 1945 auch blieb.

Nach der Wende konnten Elisabeth und Ulrich von Küster zunächst das barocke Große Schloss zurückkaufen, das zu diesem Zeitpunkt nur noch eine Ruine war. Es grenzt an ein Wunder, dass sich das Schloss von heute wieder in seiner alten Schönheit präsentiert. Dafür wurde das Ehepaar mehrfach geehrt, u.a. 2015 mit dem Großen Denkmalpreis der Stiftung Deutsche Burgenvereinigung. Ein Film zeigt die Anfänge des Wiederaufbaus nach der Wende und macht sichtbar, was die beiden Beeindruckendes mit ihrer Hände Arbeit geleistet haben. Später erwarb die Familie von Küster auch noch das benachbarte klassizistische Kleine Schloss und konnte somit das Ensemble vervollständigen.

Heute ist es nicht nur ein Hotel, sondern beheimatet auch ein Museum und den Verein zur Pflege schlesischer Kunst und Kultur. In einer multimedialen Ausstellung wird die 300-jährige Geschichte von Schloss Lomnitz erzählt. Nebenan auf dem Gutshof spannt Schlossherrin Elisabeth von Küster diese Geschichte weiter. Sie plant den Wiederaufbau der historischen „Mangelscheune“ mit einer Ausstellung zur Geschichte der Leinenproduktion im Hirschberger Tal. In ihrem Leinenkaufhaus findet man jetzt schon Kleidung von jungen polnischen Designern. www.palac-lomnica.pl

Schloss Stonsdorf (Pałac Staniszów)

Mit Stoffen kennt man sich auch im Schloss Stonsdorf aus. Die Kunsthistorikerin Agata Roma-Dzida, vertreibt unter dem Label „Maison de Rome“ dort ihre eigenen Kollektionen von Möbeln, Stoffen und Tapeten, denen man die Inspiration durch die historischen Gemäuer ansieht. Ehemann Wacław Dzida widmet sich mit seinen Söhnen einem anderen Stoff und lässt eine alte Stonsdorfer Tradition aufleben: Aus Kräutern und Früchten der Riesengebirgsregion produzieren sie den Stonsdorfer Likör. In Deutschland wird der als „Echt Stonsdorfer“ nach altem Rezept produziert. Am Ursprungsort geriet das Getränk nach 1945 in Vergessenheit, doch seit Kurzem stellt der Schlossherr hier seinen „Likier Staniszowski“ wieder her.

Der Pałac Staniszów ist eines der schönsten Schlosshotels Schlesiens, eingebettet in einem weitläufigen Landschaftspark, in dem man mit Blick auf die Schneekoppe flanieren kann. Außerdem hat Stonsdorf auch ein sehr schönes Spa mit großem Pool in einer alten Scheune. www.schlossstonsdorf.de

Schlösser-Hopping geht auch per Rad

Immer beliebter werden Radtouren durch Niederschlesien. Eine Besichtigung des Hirschberger Tals und der Schlösser ist leicht in eine Fahrt ins Riesengebirge einzubauen. Auch für mehrtägige Rad-Reisen ist die Region bestens geeignet. Entlang des Flusses Bober gibt es zum Beispiel wunderschöne Radrouten. Einen Überblick über alle Fahrradrouten durch Niederschlesien bietet die Webseite https://www.dolnyslaskrowerem.pl/en

Deutschsprachige Webseite zum Hirschberger Tal: Hirschberger Tal

Informationen über die Region Niederschlesien: https://dolnyslask.travel/

Webseite des Polnischen Fremdenverkehrsamtes: www.polen.travel

Text:  Antonia Kasparek, Bilder: Antonia Kasparek, Polen Travel