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Flugärger: Schlichtung statt flightright & Co? Diese Stellen helfen kostenlos

Wird ein Flug annulliert oder hat Verspätung, stehen Passagieren oftmals Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu. Durch aggressives Marketing landen viele Flugreisende auf den Webseiten sogenannter Legal Tech-Unternehmen, die für ihre rechtliche Hilfe einen Teil der Entschädigung einbehalten. Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) erklärt, welche kostenlosen Alternativen Verbraucherinnen und Verbraucher haben.

So arbeiten Legal Tech-Anbieter
Rechtsdienstleister wie Flightright, Flugrecht.de oder EUclaim werben mit dem Versprechen, Passagieren bei der Durchsetzung ihrer Fluggastrechte unter die Arme zu greifen. Dies mag auch in einigen Fällen zum Erfolg führen. Was viele Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch nicht wissen: Dasselbe Ergebnis hätte sich auch kostenlos erzielen lassen.

Die meisten Legal Tech-Unternehmen konzentrieren sich auf rechtlich einfach gelagerte Fälle. Gearbeitet wird mit standardisierten Beschwerdeformularen, die an die Airlines gesendet werden. Unter den Legal Tech-Unternehmen gibt es sogenannte Sofortentschädiger, die den Passagieren die Ansprüche abkaufen und einen Teil der Entschädigungssumme sofort an sie auszahlen. Andere hingegen werden ähnlich wie eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt gegen Honorar tätig. Übrig für Flugreisende bleiben etwa 50 bis 70 % der Entschädigungssumme. In jedem Fall sollte man das Kleingedruckte lesen und auf transparente Preise achten.

Schlichtung als kostenlose Alternative
Auch, wenn diese Unternehmen mit Kanzleien zusammenarbeiten, können sie die Airline erst dann zur Zahlung zwingen, wenn der Fall vor Gericht gelangt und zugunsten des Passagiers entschieden wird. Droht bereits die Verjährung des Anspruchs, lehnen Legal Tech-Unternehmen die Fälle oftmals ab.

Was viele Fluggäste nicht wissen: Sobald sie ihre Beschwerde bei einer Schlichtungsstelle einreichen, wird die Verjährung des Anspruchs gehemmt. Das bedeutet, dass die Verjährungsfrist dann vorübergehend nicht mehr weiterläuft. Außerdem helfen Verbraucherschlichtungsstellen in Deutschland kostenlos. Bei einer Einigung mit der Airline bekommen sie hier die volle Entschädigungssumme und zahlen kein Honorar.

Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e.V. (söp) behandelt Beschwerden von Passagieren gegen deutsche und ausländische Airlines, die Mitglied bei ihr sind.

Die Schlichtungsstelle Luftverkehr beim Bundesamt für Justiz (BfJ) schlichtet Beschwerden gegen alle anderen Flugunternehmen, die nicht Mitglied bei der Söp sind. Entscheidend ist hier, dass der Flug einen Bezug zu Deutschland hat (z. B. Start oder Landung).

Sitzt die Airline im EU-Ausland, kann Ihnen das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) ebenfalls kostenfrei weiterhelfen, ganz gleich, ob ein Bezug zu Deutschland besteht oder nicht.

Weitere Vorteile von Schlichtungsstellen sind, dass sie auch rechtlich komplizierte Fälle annehmen und diese juristisch prüfen. Eine Schlichtungsstelle kann die Airline zwar nicht zur Zahlung zwingen. Nimmt die Airline die Schlichtungsempfehlung jedoch an, ist sie bindend. Ein von beiden Seiten angenommener Schlichtungsvorschlag kann dann gerichtlich durchgesetzt werden, falls die Fluggesellschaft doch nicht zahlt. Auch angesichts der Überlastung der Gerichte ist Schlichtung eine sinnvolle Option für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Die nationale Kontaktstelle für Online-Streitbeilegung, angesiedelt beim Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz e. V. (ZEV), berät Verbraucherinnen und Verbraucher kostenlos zu Schlichtung und unterstützt Sie dabei, die richtige Anlaufstelle zu finden. Das Entscheidungshilfe-Klicktool des EVZ liefert einen ersten Überblick, wer bei Flugärger hilft und welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Wege haben.

Foto: adobe stock/nomad soul